Nicht nur Müll trennen! Menschen die Kraft kosten.

Menschen, die Kraft kosten

Es gibt Menschen, die uns inspirieren, die uns guttun und uns bereichern. Und es gibt die anderen: Sie kosten Kraft und stehlen unsere Energie. Dann ist es höchste Zeit für klare Worte.

Es kann die Freundin sein, die dauernd von ihrem tollen Job erzählt. Und dabei nie nach unserem fragt. Es kann die Mutter sein, die immer wieder ungebeten unser Beziehungsleben kommentiert, die Kollegin, die sich unablässig über alles und jeden beklagt, ohne jedoch an Lösungen interessiert zu sein, oder der Partner, der uns permanent das Gefühl gibt, etwas falsch zu machen. „Energievampire sind überall“, so Judith Orloff, amerikanische Psychiatrie-Dozentin an der UCLA-Universität in Los Angeles, Kalifornien. Nach jeder Begegnung mit diesen Menschen fühlen wir uns unwohl – abwechselnd ausgelaugt und erschöpft oder gereizt oder niedergeschlagen. Diese Stimmungswechsel sind klassische Anzeichen dafür, dass in unserem Leben Energievampire am Werk sind. „Sie können uns Optimismus und Gelassenheit regelrecht aussaugen“, sagt Judith Orloff.

Gerade empathische Frauen und Männer, die sich gut in andere hineinversetzen können, werden oft Opfer von Energieräubern, beobachtet Orloff. Doch auch wer schlecht Grenzen setzen kann, es anderen stets recht machen möchte oder ein eher niedriges Selbstwertgefühl hat, ist gefährdet. Meist spüren wir, wenn das Gleichgewicht einer Beziehung zwischen Nehmen und Geben gestört ist. Menschen, die uns Energie stehlen, sind häufig in irgendeiner Weise verwundet, betont die Psychiaterin.

Möglicherweise hatten sie überkritische, perfektionistische Eltern und mäkeln deshalb an anderen herum. Oder ihnen wurde im Leben alles abgenommen, und sie haben nie gelernt, Verantwortung für sich zu übernehmen: Dann richten sie sich in der Opferrolle ein und verlangen ständig nach Hilfe von anderen. Indem sie die Kraft anderer abzapfen, kompensieren Energieräuber ihre eigene Schwäche und Unsicherheit. Meist tun sie das nicht mit Absicht, sagt Orloff. Doch ob nun bewusst oder unbewusst: Sie bringen uns damit aus dem seelischen Gleichgewicht. Deshalb muss man sie erkennen.

Kleine Energieräuber-Typologie

Der Narzisst 
Reden ist sein Liebstes, und das tut er bevorzugt über sich selbst. Oft ist er der Mittelpunkt einer Party. „Narzissten können zunächst sehr anziehend wirken, da sie sehr kontaktfreudig und unterhaltsam sein können“, erläutert Professor Hans-Werner Bierhoff, Sozialpsychologe an der Universität Bochum. Doch wer einem Narzissten in die Falle tappt, lernt die unangenehme Seite kennen: Narzissten wünschen sich Aufmerksamkeit und Bewunderung. Meist drehen sich die Gespräche nur um sie; die Gefühle und Interessen anderer nehmen sie nicht wahr oder bagatellisieren sie. Wenn aber unsere Bedürfnisse nicht beachtet werden, machen sich schnell Frust und Enttäuschung breit: Wir spüren, dass wir zu kurz kommen und stets nur geben müssen. „Narzissten sind deshalb so gefährlich, weil ihnen Empathie fehlt und sie nur eine begrenzte Fähigkeit haben, bedingungslos zu lieben“, warnt Judith Orloff.

Der Kontrollfreak 
„Weißt du, was du jetzt brauchst?“ So beginnt ein typischer Satz des Kontrollfreaks – ein dominanter Mensch, der meint, am besten über alles Bescheid zu wissen. Und das gerne kundtut. Das können Empfehlungen für unser Liebesleben sein ebenso wie Rechthaberei im Alltag, gerne auch ungebetene Tipps, wie man am besten abnimmt. Kontrollsüchtige sind Perfektionisten, deren Maßstäben niemand gerecht werden kann.

Das Opfer
Der Job ist anstrengend, der neue Freund hat es schon wieder verlassen, und jetzt ist auch noch das Auto kaputt. So jammert das typische Opfer. Die Botschaft: Alle sind gegen mich, du musst mich jetzt retten. Selbst Verantwortung zu übernehmen liegt diesen Energiesaugern fern. Am Anfang einer kräftezehrenden Beziehung zu einem Opfer steht oft der Impuls, zu helfen. Doch es kann belasten, sich laufend anzuhören, wie schlecht die Welt ist: Wir fühlen uns ausgebrannt. „Solche Menschen suchen sich meist jemanden aus, der sehr sozial eingestellt ist. Sie brauchen jemanden, der sie immer wieder rettet“, erklärt Meike Müller, Coach und Medientrainerin aus Berlin.

Der Gespaltene
Schwarz oder weiß, hassen oder lieben und nichts dazwischen – so reagiert die gespaltene Persönlichkeit. Vor allem in Freundschaften strengt das an: Schnell wird man als neue beste Freundin vereinnahmt und fühlt sich auf einen Thron gehoben. Doch ebenso rasch stößt sie einen wieder herunter, wenn wir etwas mit einer anderen Freundin unternehmen. Und wer es wagt, sie zu kritisieren, fällt in ihrer Gunst ins Bodenlose. Dann lässt sie einen das mit Wutausbrüchen oder Intrigen spüren. Folge: Wir halten mit unseren wahren Ansichten und Gefühlen hinter dem Berg, weil wir ihre Bestrafung fürchten – und fühlen uns in dieser Freundschaft regelrecht gefangen. Denn wer ständig darum bemüht ist, den Frieden zu bewahren, weil er fürchtet, dass der andere ihn sonst hasst und sich rächt, wird sich schnell kraftlos fühlen.

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